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Bestattungskultur in Ostfriesland. Die Emder Grabplatten als Geschichtsquelle

Das Ostfriesische Landesmuseum Emden, die Stadt Emden und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege dürfen sich freuen. Ein wertvoller Emder Bestand historischer Grabplatten kann im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes aufgearbeitet werden. Das Förderprogramm Pro*Niedersachen ‚Kulturelles Erbe - Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen‘ stellt für ein Jahr die Mittel für eine wissenschaftliche Stelle zur Verfügung.

Die Grabplatten, überwiegend aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, kommen aus den drei reformierten Kirchen der Stadt, der ehemaligen Großen Kirche Emden, der Gasthauskirche und der Nesserlander Kirche. Die Gebäude sind heute umgenutzt oder ganz zerstört. Die Platten und Fragmente lagern im Magazinbereich des Museums.

Der Bestand ist einzigartig in Ostfriesland. Er gibt Zeugnis von der konfessionellen Toleranz Ostfrieslands im 16. Jahrhundert. Damals wurde Emden das Ziel vieler calvinistischer Migranten und Migrantinnen, die sich rasch in der Stadt integrierten. Sie prägten den wirtschaftlichen Erfolg und das politische Selbstbewusstsein der Stadt, die im 17. Jahrhundert zum calvinistischen Zentrum Nordwestdeutschlands wurde. Bis heute schaut Emden stolz auf diese Kapitel seiner Stadtgeschichte zurück, die an vielen Stellen ihre Spuren hinterlassen haben. Auf den Steinplatten geben figürliche Darstellungen, bildliche Symbole und Inschriften Auskunft über die Bestatteten, ihr Leben, ihre Stellung auf Erden und über ihre Hoffnungen auf Gottes Gnade nach dem Tod.

Diese Botschaften zu lesen, zu interpretieren und unter verschiedenen Gesichtspunkten in historische Zusammenhänge zu stellen, ist die eine Aufgabe in diesem Forschungsprojekt. Es wird von zahlreichen Institutionen in Niedersachsen als Partner unterstützt. Doch dabei soll es nicht bleiben: Es ist außerdem das Ziel, die Grabplatten als eine historisch breit verankerte Geschichtsquelle der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das soll über analoge und digitale Publikationen erfolgen. Darüber hinaus gilt es, Konzepte zu entwickeln, die den historischen Bestand konservatorisch sichern und in repräsentativer Auswahl in das Stadtbild zurückkehren lassen.

Den historischen Wert der Grabplatten hatte man schon im ausgehenden 19. Jahrhundert erkannt. Als sie noch in den Kirchen lagerten, veranlasste die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden ihre fotografische Dokumentation. In den 1960er Jahren übernahm es der damalige Vorsitzende Johannes Stracke, sie katalogmäßig zu verzeichnen. Diese Informationen gilt es nun zusammenzuführen und den Menschen heute verständlich zu machen - als beredte Geschichtszeugnisse und als ein Stück erfolgreich gelebte Migrationsgeschichte Emdens und Ostfrieslands. Damit steht man in guter Tradition, wurden doch in den letzten 15 Jahren mit dem deutsch-niederländischen Forschungs- und Netzwerkprojekt: Memento Mori. Sterben und Begraben in einem ruralen Grenzgebiet schon wesentliche Schritte in diese Richtung gegangen.

Das Projekt wird betreut durch das Ostfriesische Landesmuseum Emden und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Hannover. Die Ansprechpartnerin in Emden ist Dr. Annette Kanzenbach.

Die unterstützenden Partner bei diesem Projekt sind: die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen / Deutsche Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Göttingen, der Archäologische Dienst der Ostfriesischen Landschaft, Aurich, die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden seit 1820, die Landschaftsbibliothek der Ostfriesischen Landschaft, das Niedersächsische Institut für historische Küstenforschung, Wilhelmshaven, das Niedersächsische Landesarchiv, Abteilung Aurich, das Stadtarchiv Emden, Emden, die Stiftung Johannes a Lasco-Bibliothek Große Kirche Emden, Emden.

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